Politik in Israel

Ideologische Spaltung - Politische Blöcke

von Harald Schrapers

Die Politik Israels gilt als ein entscheidender Hemmschuh auf dem Weg zu einer umfassenden Friedensordnung zur Überwindung des arabisch-israelischen Konflikts im Nahen Osten. Erst nach dem Regierungswechsel 1992 in Israel scheint es Chancen für Bewegung auf israelischer Seite zu geben.

Tatsächlich ist eine Einschätzung der Friedensmöglichkeiten nicht möglich, ohne das zu weiten Teilen auch in westlichen Maßstäben demokratisch-pluralistische System Israels zu betrachten. Israel ist als ein Parteienstaat entstanden, in dem die lange vor der 48er Staatsgründung entstandenen Parteien, die gleichzeitig sozio-politische Bewegungen waren, das gesamte gesellschaftliche Leben beherrscht haben. Während bis 1977 die Arbeiterparteien die israelische Gesellschaft dominierten, war es anschließend der Likud-Block, der die Regierung stellte. Insbesondere im Staatsverständnis gibt es erhebliche ideologische Unterschiede zwischen den beiden politischen Blöcken, was zu einer erheblichen Spaltung der israelischen Gesellschaft führt.

1. Die Arbeiterparteien: dominierend bis 1977

Die zionistischen Arbeiterparteien Israels stehen zwar in der Tradition der europäischen Arbeiterparteien, haben aber unter den Bedingungen des Neuaufbaus eines Staates schnell zu eigenen ideologischen Positionen gefunden. Trotzdem bleiben sie dem Humanismus und dem internationalistischen Universalismus verpflichtet. Während in den israelischen Aufbaujahren die Klassenauseinandersetzung mangels Kapitalistenklasse ausfiel, orientierten sich die israelischen Sozialisten an praktischen Projekten. Die BewohnerInnen der sozialistisch-genossenschaftlichen Dörfer - Kibbuzim - wurden zur israelischen Elite in vielen gesellschaftlichen Bereichen.

a) Der politische Konsens nach der Staatsgründung

Die Gründung des Staates Israels war nicht möglich, ohne die in Palästina lebenden AraberInnen auszugrenzen. Somit stand die Staatsgründung in Widerspruch zu humanistischen Werten der Arbeiterparteien, für die sich die Gründung Israel als Legitimationsproblem darstellte.

Die Anwesenheit der arabischen Bevölkerung in Palästina bedeutete den Status quo. Der kann als universeller Wert gelten, während eine Berufung der Juden auf historische Rechte, die tausende Jahre zurückreichen, eine höchst einseitige Bewertung ist. So beschränkten sich die StaatsgründerInnen weitgehend darauf, die Legitimation ihres Staates aus dem Holocaust abzuleiten. Da ein Leben in der europäischen Diaspora nicht möglich war, erlangte das Streben nach einem eigenständigem jüdischen Nationalstaat (der Zionismus) seine universell nachvollziehbare Legitimation.

Die in Palästina lebende Bevölkerung konnten die jüdischen EinwandererInnen nicht ganz ignorieren, sie negierten allerdings die Existenz eines palästinensischen Volkes. Sie verstanden die in Palästina Lebenden als Angehörige des arabischen Volkes, somit als Einzelpersonen, deren Schicksal sich im Vergleich zu dem Leid des gesamten jüdischen Volkes relativierte.

Mit der abgeschlossen Nationenbildung in den 60ern nahm die Bedeutung des auf die Selbstlegitimation Holocaust beruhenden Staatsverständnisses und die absolute Dominanz der Arbeiterparteien dann wieder ab. Ihre Ideologien galten als überaltert und wurden nach und nach durch sogenannten Pragmatismus verdrängt.

Die Holocaust-Erfahrung, auch Holocaust-Syndrom genannt, bleibt jedoch unverändert ein integraler Bestandteil der israelischen Sicherheitspolitik. Erfahrungen aus der Massenvernichtung werden auf die aktuelle Situation übertragen, dabei wird eine ambivalente Haltung gegenüber den jüdischen Opfern deutlich, die die die Vernichtung wehrlos erlitten hätten. Daraus leiten sich Isolationsgefühle ab, die typisch für die israelische Denkweise sind. „Dazu gehört die Vorstellung, in ständiger Bedrohung zu leben - ein Merkmal, das einen gewissen paranoiden Zug erkennen läßt.“ (A. Neustadt)

b) Erez Israel nach dem Junikrieg 67

Von 1948 bis 67 herrschte in Israel bzw. Palästina Normalität. JüdInnen und AraberInnen lebten in unterschiedlichen Staaten mehr oder weniger friedlich nebeneinander. Die Konflikte fanden zwischen Israel und den umliegenden arabischen Staaten mit ihren unterschiedlichen, oft gegensätzlichen Interessen statt.

Erst mit der Okkupation der Westbank und des Gasa-Streifens 1967 trat der ursprüngliche Palästina-Konflikt wieder ungetrübt an die Oberfläche. JüdInnen und PalästinenserInnen stehen sich seitdem wieder direkt gegenüber, ohne andere Staaten als angmaßte Interessenvertreter.

Der Junikrieg 1967 war von der israelischen Führung nicht als Eroberungskrieg geplant. Jedoch kam es aus verschiedenen Gründen zu keinerlei Verhandlungen über die Zukunft der besetzten Gebiete. In Israel „wurde wohl allgemein zugestanden, daß man zu irgendeiner Regelung gelangen müsse, aber die Menschen ,warteten‘ gewissermaßen - Dajans berühmtem Ausspruch zufolge - ,auf den Telefonanruf von Hussein‘.“ (S. Eisenstadt) Husseins Interesse an der Westbank war allerdings nicht groß genug - die PalästinenserInnen stellten ein potentielle Gefahr für sein Herrscherhaus dar -, um eigenständig Aktivitäten zu entfalten.

„So wurde der Juni-Krieg 1976 mittels des sich durchsetzenden Bewußtseins von der ,Befreiung‘ der Landschaften Judäa und Samaria erst im nachhinein zu einem Eroberungskrieg gewendet.“ (D. Diner)

c) Die besetzten Gebiete

Die besetzten Gebiete gefährden aus Sicht der Arbeiterparteien langfristig das jüdische Nationalstaatsprojekt. Ein Anschluß der besetzten Gebiete hätte früher oder später dazu geführt, daß Araber die Bevölkerungsmehrheit gestellt hätten. Die Existenz einer kleinen arabischen Minderheit stellt den jüdischen Nationalstaat nicht in Frage. Alles, was darüber hinausgeht, hätte dagegen entweder den jüdischen oder den demokratischen Charakter Israels gefährdet. Zumindest wäre der originäre Ansatz des Arbeiterparteien-Zionismus durch die Schaffung einer arabischen Arbeiterklasse erledigt gewesen.

Diese ideologische Position verbot allerdings nicht die Besiedlung der besetzten Gebiete. Bis 1977 wurden in der Regierungszeit der Arbeiterparteien 77 Siedlungen mit 5800 BewohnerInnen geschaffen. Bis auf zehn Siedlungen, die von Nationalisten auf historisch-jüdischem Boden gebaut wurden, galten alle anderen als Sicherheitssiedlungen. Sie folgten der Einteilung des Allon-Plans, der unter Berücksichtigung der Ideologie der Arbeiterparteien, die jüdische Gesellschaftsstruktur Israels nicht zu verändern, erstellt wurde. Der nach dem inzwischen verstorbenen Arbeitspartei-Politiker Jigael Allon benannte Plan sieht Siedlungen für verteidigungsstrategisch wichtig eingestufte Gebiete auf dem Golan, in der Westbank und im Sinai vor. Palästinensisch dicht besiedelte Gebiete meidet der Allon-Plan.

In der Praxis bestand für die betroffenen PalästinenserInnen in der Politik der Arbeiterparteien-Regierungen oft kein Unterschied zur späteren Likud-Regierung. Schon 1967 wurde der Besitz von etwa 250.000 Flüchtlingen in den besetzten Gebieten beschlagnahmt. Rigoros wurde das britische Notstandsrecht von 1945 angewendet, inklusive der Verbannung gemäß Artikel 112 (Deportation Order), die gegen die 1951 auch von Israel unterzeichnete Genfer Konvention verstößt.

2 Der Likud-Block: die Wende 1977

Der Likud-Block steht in der Tradition der 1925 gegründeten Partei der Revisionistischen Zionisten Zeew Jabotinskys, einer nationalistisch-chauvinistischen Bewegung. Sie bekämpfte arabische Zivilisten und die britische Besatzungsmacht mit Terroraktionen. In der Ideologie der Revisionisten ist Gewalt ein legitimer Ausdruck von Souveränität und Unabhängigkeit einer Nation.

2.1 Die historisch-territoriale Existenzlegitimation Erez Israel und die Besiedlung der besetzten Gebiete

Der Likud-Block versteht Judäa und Samaria, die biblischen Landschaften, als Kern des Staates Israel. Er verlegt die Existenzlegitimation des Staates aus der modernen, vom Menschen erfahrenen Geschichte in einen Bereich mythischer Zeitbestimmung. „Das dramatische Wiedersehen - erst der Soldaten, dann auch anderer Bevölkerungsteile - mit den wichtigen Symbolen und Stätten jüdischer Tradition, mit der West- (oder Klage-)Mauer nach der Eroberung Ost-Jerusalems, mit Hebron, der Stadt des Patriarchen, und weiteren Teilen Erez Israels, die ihnen seit der Staatsgründung verschlossen gewesen waren, eröffnete wieder das Problem des historischen und religiösen Erbes Israels.“ (Eisenstadt) Mit der Eroberung der Westbank im Junikrieg 67 ist dem partikularistischen Erez Israel-Konzept der Durchbruch gelungen. „Das Prinzip Erez Israel bedeutete einen weiteren Rückzug aus der säkular gestifteten Welt in einen absolut selbstbezogenen, nicht mehr kommunizierbaren Anspruch auf das Land - von Gottes Gnaden.“ (Diner)

Die Likud-Politik gegenüber den besetzten Gebieten kann nicht als explizit religiös bezeichnet werden, eher instrumentalisiert sie die Religion. Berührungspunkte zu einer Spielart von religiösem Fundamentalismus sind aber vielfältig vorhanden. Die einflußreiche extremistische Siedlerbewegung Gusch Emunim (Block der Getreuen) steht für die Zusammenarbeit zwischen weltlichen und religiösen Nationalisten.

Nicht verwechselt werden mit den religiösen Nationalisten dürfen die bei den Koalitionsbildungen oft Zünglein an der Waage spielenden ultraorthodoxen Parteien. Als Nicht-Zionisten bekämpften sie ursprünglich die israelische Staatsgründung, die ihrer Auffassung gotteslästerlich war, da sie allein dem Messias vorbehalten sei. Sie sind dem Likud in ihrer partikularistischen Weltsicht in Abgrenzung zum universalistischeren liberalen bzw. sozialistischen Zionismus und dem Mißtrauen gegenüber westlichen Werten und Ideen verbunden.

In ihrer Regierungszeit setzte der Likud eine neue Qualität der Siedlungspolitik durch, die das Konzept der landwirtschaftlichen Wehrdörfer an strategisch bedeutenden Stellen, möglichst fernab von palästinensischen Siedlungsschwerpunkten, ersetzte. Geplant war die Gettoisierung der PalästinenserInnen. Jüdische Siedlungskeile wurden durch die arabisch bewohnten ländlichen Gebiete getrieben. Schlafstädte, deren jüdische BewohnerInnen im israelischen Kernland arbeiteten, bildeten Siedlungsringe um die arabischen Städte.

b) Orientalische JüdInnen wählen 1977 die Wende

In fünf Einwanderungswellen in der Zeit vor der Staatsgründung kamen zum größten Teil JüdInnen aus Europa oder Amerika, Aschkenasim genannt, nach Israel. Die orientalischen JüdInnen, Sephardim genannt, wurden durch die Einwanderung aus afrikanischen und asiatischen Ländern nach 1948 mit der Zeit zur Mehrheit in Israel. Sie wurden zu einem großen Teil als Folge des israelischen Unabhängigkeitskrieges aus ihren arabischen Heimatländern vertrieben. Zwar prägte diese Vertreibung das Bewußtsein der Orientalen, dies kann jedoch mit der Holocaust-Erfahrung der europäischen Israelis nicht gleichgesetzt werden.

Die orientalischen JüdInnen empfanden die in Israel vorherrschende modernistisch-produktivistische und sozialistische Ideologie als massive Entfremdung. Einziges Bindeglied war die Bibel, die eine zunehmende Rolle etwa in den Schulen einnahm. Die biblische Existenzlegitimation des jüdischen Staates fand mit der Eroberung der Westbank seine praktische Grundlage.

Der Lebensstandard der afro-asiatischen Israelis stand nach ihrer Einwanderung deutlich unter dem der euro-amerikanischen BürgerInnen, in der zweiten Generation hat sich diese innerjüdisch Lücke sogar noch vergrößert.

Mit der 77er Wahl hatten sich die sephardischen Israelis von den Arbeiterparteien, die sie „ins Land geholt“ hatten, emanzipiert. Menachem Begin hatte sich als Anwalt sephardischer Interessen ausgegeben, und die Sephardim verhalfen ihm zu einem sensationellen Wahlsieg. Die 77er Wahl war eine Anti-Establishment-Wahl. Der Likud entdeckte die Sozialpolitik und gewann mit dem „Motto der gemeinsamen Beteiligung am sozialen Ganzen - im Namen der grundlegenden Solidarität und Gleichheit, die zum ursprünglichen Ethos des arbeiterzionistischen Modells gehörten,“ (Eisenstadt) Die Arbeiterparteien waren längst die Vertreterinnen des euro-amerikanischen Establishments, die proletarischen Orientalen wandten sich den bürgerlichen Parteien zu.

Berührungspunkte zwischen dem Likud und den sephardischen WählerInnen gibt es durchaus auch im Bereich der Außenpolitik. Den orientalischen Juden wird eine gesteigerte Feindseligkeit gegenüber AraberInnen nachgesagt, die aus einem Abgrenzungsdruck gegen die kulturellen Nähe resultieren könnte, schließlich stammen sie selbst aus arabischen Ländern und sprechen arabisch.

Der Einfluß der Sephardim in der Politik stieg durch den Regierungswechsel nicht. An der Likud-Spitze gab es nicht mehr orientalische Politiker als in den Arbeiterparteien. Auch die mit dem Likud verbundenen rechtsextremistischen Kleinparteien werden von Aschkenasim geführt. Einzig im religiösen Bereich emanzipierten sich die Orientalen durch eigene Parteigründungen.

c) Camp David

Mit dem Camp David-Abkommen vermochte Begin es, den größten Schritt in Richtung Frieden zu machen, den jemals eine israelische Regierung wagte. Er tauschte den Sinai gegen einen Friedensvertrag mit Ägypten. 10.000 SiedlerInnen mußten zurückkehren. Die Rückgabe des Sinai war möglich, weil er in der Vorstellung des Likuds nicht zum jüdischen Kernland gehört.

Um so kompromißloser zeigte sich Begin bei der Westbank und dem Gasa-Streifen. Zwar spricht der Camp David-Vertrag, der nicht nur einen bilateralen, sondern auch einen „Rahmen für einen Frieden im Nahen Osten“ enthält, von der „Anerkennung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes“ und von „voller Autonomie“ für die PalästinenserInnen. Jedoch erläuterte Begin nach dem Friedensschluß seine spezielle Auffassung von voller Autonomie: Gemeint sei die Autonomie der arabischen Bevölkerung, niemals aber die Autonomie der Gebiete. Begin strebte die maximale territoriale Kontrolle über die Westbank und den Gasa-Streifen an, bei minimaler Integration der palästinensischen Bevölkerung in die politische Struktur Israels. Die palästinensische Autonomie sollte allein die Kommunalverwaltung, Gesundheit, Erziehung und Religion umfassen, während Sicherheit, Rechtsprechung, Ressourcen und die Siedlungspolitik weiterhin in israelischer Verantwortung bleiben sollten.

d) Der Libanon-Krieg und der zerbrochene nationale Konsens

Der Libanon-Krieg 1982 war der erste Krieg, der - laut Begin - Israel nicht aufgezwungen wurde, sondern den es freiwillig begann. Israel wollte aktiv - mit Gewalt - eine neue Ordnung im Nahen Osten durchsetzen.

Diese Kriegsentscheidung zerstörte den nationalen Konsens vollends. Die Friedensbewegung Schalom Achschaw (Frieden Jetzt) mobilisierte nach dem Massakern an den PalästinenserInnen im September 1982 mehr als 400.000 DemonstrantInnen gegen den Libanon-Krieg, mehr als 10 Prozent der jüdischen EinwohnerInnen, und wurde so zur größten Friedensbewegung der Welt. Erstmalig gab es auch Kriegsdienstverweigerungen, eine Aktionsform, die die zur Unterstützung des Camp-David-Friedens gegründete systemkonforme Schalom Achschaw ablehnte. Der moralische Anspruch der israelischen Armee, die Reinheit der Waffen, war jedenfalls zerstört, die zur Verteidigung geschaffene Übermacht diente der nahezu totalen physischen Vernichtung des Gegners.

3. Ausblick: Die Wende nach den Wahlen 1992

Welche langfristigen Folgen der Wahlsieg der Arbeitspartei 1992 hat, wird sich erst noch zeigen. Bereits jetzt wird die Wahl zum Teil als „Erdbeben“ bewertet und von der „Dritten Israelischen Republik“ gesprochen, die die von 1977 bis 92 andauernde „Zweite Israelische Republik“ ablöst.

Die ideologischen Grundlagen der israelischen Regierungspolitik haben sich bereits deutlich wegbewegt von den Likud-Vorstellungen. Ministerpräsident Jizchak Rabin sagte, daß Israel Abschied nehmen müsse von der Erez-Israel-Ideologie und knüpfte mit der Differenzierung zwischen Sicherheits- und politischen Siedlungen wieder an den Allon-Plan an. Hinweise darauf gibt auch die faktische Wiederherstellung der Grünen Linie, der Grenze von 1967 zwischen Israel und der Westbank, und das Angebot, sofort 62 Prozent der besetzten Gebiete arabischer Selbstverwaltung zu unterstellen.

Mit der 92er Wahl haben sich auch strukturell die Bedingungen für die Arbeitspartei in der Bevölkerung verbessert. Die sephardischen WählerInnen waren nicht mehr bereit, die Kosten der Erez-Israel-Ideologie mitzutragen. Schamir war nicht bereit, auf die uneingeschränkte Besiedlung der besetzten Gebiete zu verzichten und lehnte damit die Bedingung für die Gewährung amerikanischer Kreditgarantien ab. Den benachteiligten israelischen Bevölkerungsgruppen wurde damit plastisch verdeutlicht, daß Siedlungspolitik und Sozialpolitik zwei sich gegenseitig ausschließende Dinge sind. Ähnlich reagierten auch die jüngsten EinwandererInnen aus der ehemaligen Sowjetunion, denen eine religiös-nationalistische Einstellung zumeist fehlt.

Unerbittlich ist der Falke Rabin in Sicherheitsfragen. Die völkerrechtswidrige Ausweisung von 417 Hamas-Anhängern verdeutlicht, daß Rabin für die Schaffung vertrauensbildender Maßnahmen unter den Bedingungen der fortgesetzten Intifada kaum der richtige Mann ist.

Die ideologischen Grundlagen für einen Friedensschluß mit den PalästinenserInnen haben sich auf israelischer Seite deutlich verbessert. Die Menschen in den besetzten Gebieten können davon noch nichts merken. Die Sicherheitsideologie Rabins verhindert bislang zumeist selbst kleine Schritte. Ob unter den Bedingungen der Friedensprozeß eine wirkliche Chance hat, ist noch nicht entschieden.

aus Arbeitshefte: Zeitschrift der Juso-Hochschulgruppen Nr. 93 Juni 1993